Informatik und Gesellschaft

Bitte erläutern Sie kurz Ihr Lehrprojekt.

Digitalisierung und Anwendungen der Informatik haben massive Auswirkungen auf die Gesellschaft, positive wie negative. In dieser Lehrveranstaltung schärfen angehende Informatiker:innen ihr Bewusstsein für die Auswirkungen der von ihnen entwickelten Systeme mit dem Ziel, ein besonderes Verantwortungsbewusstsein zu entwickeln. Neben der Vermittlung einer inter- und transdisziplinären Perspektive auf die angedeuteten gesellschaftlichen Herausforderungen geht es um diskursive Praxis und fundierte Urteilsbildung, um Studierende für die (zivil)gesellschaftlichen Debatten der Zukunftsgestaltung zu qualifizieren.

Welche besonderen Aspekte möchten Sie herausheben?

Erfahrungen mit klassischen Seminarformen: Studierende tun sich schwer, vorgegebene Themen zu bearbeiten; sind wenig motiviert zu lesen; liefern nur mäßige Texte ab; 
Schwache hermeneutische Kompetenz als generelles hochschuldidaktisches Problem der Gegenwart erfordert neue Wege des aktivierenden Lernens.
Aus dieser Erfahrung haben wir bewusst das neue Format entwickelt und dabei folgende Änderungen vorgenommen: 

Studierende bestimmen ihr Thema; sie müssen Verantwortung für die Moderation einer Sitzung übernehmen; sie sind daher motiviert, eine gute Handreichung und Protokoll zu schreiben.

Was macht den Lehrstil besonders: 

  • Ausgewogenes Verhältnis von Vermittlung und Diskurs;
  • Aktive Teilhabe an kritischen Diskursen ist Teil des fachdidaktischen Konzepts.
  • Die Methode stellt die aktive Teilnahme aller Studierenden sicher.
  • Eine angebotenes breites Themenportfolio ermöglicht Präferenzthemen der Teilnehmer:innen.
  • Die Prüfungsleistungen sind an die Mitstudierenden im Kurs adressiert

Was ist ihre didaktische Vorgehensweise und welche Methoden wurden eingesetzt?

World Café: Ein exploratives und diskursives Lehr- und Lernformat mit einer Erarbeitungs- und Diskussionsphase;
Grober Ablauf:
Es erfolgt mittels Impuls-Vorlesungen des interdisziplinäres Lehrteams (B. Humm: Informatik und M. Herrgen: Ethik) eine Einführung in aktuelle Herausforderungen der Informatik sowie der gesellschaftlichen Herausforderungen durch den (digital) technischen Wandel, problematisiert werden:
    - Künstliche Intelligenz / Big Data
    - Technisierung des Menschen 
    - Quantifizierung des Menschen 
    - Alone together 
    - Green IT und Klimaschutz 
    - Digital divide
    - Industrie 4.0
    - Wikileaks und Geheimnisse
    - Mobilität und Verkehr, autonomes Fahren
    - Digitale Souveränität und Datenschutz
    - Kaufen und Konsum in der Digitalgesellschaft (Konsumismus)
    - Krieg und Frieden
    - Algokratie
Studierende wählen daraus demokratisch sechs Themenfelder aus, die dann in parallelen Arbeitsgruppen explorativ erschlossen werden; ein umfangreicher Handapparat steht auf der Lernplattform Moodle zur Verfügung.
Für die Themen-Tische werden Handreichungen (Handouts/Thesenpapiere, ca. 4 Seiten, zugleich Teilprüfungsleistung) sowie Tischpapiere (“Brown Paper”) erstellt, die im späteren Verlauf durch Diskusionsteilnehmer:innen ergänzt werden.
In der Umsetzungsphase des World-Cafés erfolgen seriell je 6 Diskurse an 6 Thementischen.
An den Thementischen werden in 6 Sitzungen mit jeweils unterschiedlichen Teilnehmern die Themen diskursiv/seminaristisch erarbeitet.
Inhaltliche Stützen: schriftliche Handreichungen (Thesenpapier) und Visualisierungen auf dem Tischpapier;
Diskursive Methodik: Diskussionleitung (“Gastgeber”) am Tisch, Kommentare der Gäste auf dem Tischpapier
Jeder Studierende ist einmal Gastgeber an seinem Thementisch und fünf mal Gast an einem anderen Thema.
Die Gastgeber protokollieren die Diskussion der  Sitzung (zugleich Prüfungsteilleistung, Benotung: 50% Gruppennote Thesenpapier, 50% Einzelnote Protokoll).

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